Ein Bio-Landwirt in der Provence baut Pflanzen an, zum Beispiel Lavendel. Er bewirtschaftet seine Felder und verzichtet dabei auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Düngern und Pflanzenschutzmitteln. Dies ist oft arbeitsintensiver und kostspieliger – einer der Gründe, warum biologisch angebaute Produkte oftmals einen höheren Preis haben.

Aber „Bio“ bedeutet nicht einfach „konventionell ohne Chemie“. Genauso wie man sich nicht gesund vegetarisch ernährt, wenn man nur das Fleisch weglässt. Eine ausgewogene Ernährung benötigt eine ausreichende Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen – und feineren Qualitäten, die den Menschen nähren, nicht nur versorgen. Dasselbe gilt auch für Pflanzen.

Biologisch angebaute Pflanzen werden von Anfang an unterschiedlich behandelt. Das beginnt bei der Bodenvorbereitung, er Auswahl des Saatguts und der Aufzucht der Jungpflanzen. Es wird auf robuste Züchtungen mit natürlichen Abwehrkräften und vielfach samenfeste Sorten gesetzt.

Wichtig ist, den Boden gut vorzubereiten, ihn zu lockern, Bodenlebewesen zu fördern und ihn durch sogenannte „Zwischenfrüchte mit Nährstoffen anzureichern. Eine Zwischenfrucht ist eine Pflanze, die nach der letzten Hauptkultur angebaut wird. Sie wachsen ein paar Monate und werden dann vor der neuen Aussaat in den Boden eingearbeitet. So dienen sie als wertvolle Nahrung für Kleinstlebewesen im Boden, die daraus wiederum Humus aufbauen. Ein humusreicher, lebendiger Boden ist ein zentraler Faktor im Bio-Anbau.

Im konventionellen Anbau hingegen wird das Feld kurz vor der neuen Aussaat häufig mit Glyphosat behandelt – einem Totalherbizid, dass alle Pflanzen abtötet, die auf dem Feld stehen, damit das Feld später nicht verunkrautet. Dadurch fehlt nicht nur Nahrung für wichtige Bodenlebewesen, sondern auch für viele Insekten. Im Herbst oder Frühjahr erkennt man den Einsatz von Glyphosat an den dunkelgelben „toten“ Feldern.

Durch die intensiven Einsatz von Herbiziden sind im konventionellen Anbau meist wesentlich weniger Arbeitsgänge notwendig. Im Bio-Anbau hingegen erfolgt die Beikrautregulierung (früher "Unkrautregulierung") meist mechanisch je nach Pflanze – durch Hacken, Walzen, Häufeln oder anderen Verfahren. Auch im Bio-Anbau muss gedüngt werden, damit die Pflanzen genügend Nährstoffe erhalten, um weiterhin gesund zu wachsen – allerdings mit natürlichen Mitteln wie Mist, Mulch, Gülle oder durch die Nährstoffe, die die Zwischenfrüchte in den Boden einbringen.

Im Bio-Anbau ist es wichtig, sehr individuell und flexibel auf Wetter- und Bodenbedingungen zu reagieren. Für manche Arbeitsschritte, etwa das Hacken, gibt es oft nur ein kleines Zeitfenster von wenigen Tagen, bevor die Pflanze zu groß wird und bei der Bearbeitung Schaden nehmen kann.

Der Ertrag im konventionellen Anbau ist in der Regel höher bezogen auf eine Fläche, die maschinell bearbeitet wird. Das bedeutet: Auf einem Feld gleicher Größe wird mehr geerntet – dadurch können die Produkte günstiger angeboten werden. Das liegt zum Beispiel daran, dass die Pflanzen dichter stehen und durch Fungizide vor Pilzbefall geschützt werden. Im Bio-Anbau wird hingegen je nach Kultur mehr Platz zwischen den Pflanzen gelassen, damit sie besser belüftet werden – denn zu dichter Bestand führt schnell zu Pilzkrankheiten. Aber gibt es mit Permakultur und anderen Modellen natürliche Anbauweisen, die den Ertrag pro Hektar deutlich steigern können.

NPK (Stickstoff, Phosphor, Kalium) sind die drei wichtigsten Makronährstoffe, die im konventionellen Anbau als synthetische Dünger auf die Felder gebracht werden. An der dunkelgrün blauen Farbe kann die intensive Düngung erkannt werden. Dies kann dazu führen, dass die Pflanzen nicht natürlich reif werden, da besonders Stickstoff das Wachstum verlängern kann. Teilweise werden dann Herbizide zur Sikkation (Abtötung, Austrocknung) eingesetzt. Auch werden in der konventionellen Landwirtschaft manche Pflanzen durch Spritzen kleingehalten, um zu verhindern, dass die überdüngten oder schweren Pflanzen umknicken oder brechen.

Diese Methoden passen nicht zu einem natürlichen Anbau und sind bei Bio-Anbau daher nicht erlaubt. Normalerweise sind es Tageslänge, Temperatur und Trockenheit, die den natürlichen Reifeprozess einleiten. In der biologisch-dynamischen Anbauweise ist es zum Beispiel ein wichtiges Prinzip, dass die Früchte natürlich zur Reife gelangen.

Ein weiteres wichtiges Merkmal im ökologischen Landbau ist die Fruchtfolge. Im konventionellen Anbau ist oft eine deutlich kürzere Fruchtfolge üblich (z. B. drei Jahre bei einjährigen Pflanzen). Die Fruchtfolge im Bio-Anbau ist hingegen deutlich komplexer. Bei einjährigen Kulturen liegt sie durchschnittlich bei etwa sieben Jahren. Das bedeutet, dass dieselbe Pflanze erst nach sieben Jahren wieder an der gleichen Stelle angebaut wird. In der Zwischenzeit werden dort andere Pflanzen kultiviert.

Einjährige Aromatische Pflanzen 

  •       Basilikum (Ocimum basilicum
  •          Dill (Anethum graveolens)
  •          Koriander (Coriandrum sativum)
  •          Fenchel (Foeniculum vulgare)
  •         Tagetes (Tagetes minuta)
  •         Zitronengras (Cymbopogon citratus)
  •         Anis (Pimpinella anisum)
  •          Estragon (Artemisia dracunculus)
  •         Bohnenkraut (Satureja hortensis)

 Mehrjährige Aromatische Pflanzen

  •       Lavendel (Lavandula angustifolia)
  •       Rosmarin (Rosmarinus officinalis)
  •       Thymian (Thymus vulgaris)
  •       Salbei (Salvia officinalis)
  •       Pfefferminze (Mentha x piperita)
  •       Teebaum (Melaleuca alternifolia)
  •       Eukalyptus (Eucalyptus globulus)
  •       Kamille römisch (Chamaemelum nobile)
  •       Kamille deutsch (Matricaria chamoimilla)
  •       Oregano (Origanum vulgare)
  •       Vetiver (Vetiveria zizanoides)
  •       Patchouli (Pogostemon cablin)
  •       Sandelholz (Santalum album)
  •       Ysop (Hyssopus offincalis)
  •       Myrte
  •       Zitronenverbene (Aloysia citrodora)
  •       Wacholder (Juniperus communis)
  •       Immortelle (Helichrysum italicum)
  •       Begamotteminze (Mentha citrata)
  •       Zitronenmelisse (Melissa officinalis)

Jede Pflanze hat einen eigenen Austausch mit dem Boden. Sie entnimmt bestimmte Nährstoffe und gibt andere zurück, wovon die dann folgenden Kulturen profitieren. Dieses Prinzip hilft somit auch, Krankheiten und Schädlinge auf natürliche Weise zu vermeiden, die sich in Monokulturen oder bei stark verkürzter Fruchtfolge verbreiten können.

Ein Beispiel des Lavendelbauern in der Provence:

Eine mögliche Fruchtfolge könnte wie folgt aussehen:

  • 7 Jahre Lavendel
  • 0,5 Jahr Getreide, (geeignet für karge Böden, z.B. Einkorn)
  • 2/3 Jahre Gründüngung oder Leguminosen (z. B. Luzerne, Klee)
  • 1 Jahr Getreide, (geeignet für karge Böden, z.B. Einkorn)
  • 5 Jahre Salbei
  • 2/3 Jahr Getreide und Zwischenfrüchte
  • 5 Jahre Rosmarin
  • 2/3 Jahr Getreide und Zwischenfrüchte
  • Neupflanzung von Lavendel

Jede Pflanze hat ihre eigene Kraft und Aufgabe. Einkorn ist ein Urgetreide, das die Fähigkeit besitzt, den Boden zu reinigen. Hülsenfrüchte sind besonders für ihre Fähigkeit bekannt, Stickstoff aus der Luft zu binden und bioverfügbar zu machen. Sie bilden eine Symbiose mit den Knöllchenbakterien.

Im Bio-Anbau werden Lebensräume ganzheitlich betrachtet. Es werden Blühstreifen und Hecken gepflanzt, um Nützlinge anzulocken. Es wird nicht einfach ein Insektizid gespritzt, sobald ein Schädlingsbefall auftritt. Wenn Pflanzen in der Natur in einem gesunden Gleichgewicht und Rhythmus sind, versorgen sie sich gegenseitig und können gesund und harmonisch wachsen.

Das Kultivieren der Pflanzen durch den Menschen greift in ein sensibel aufeinander abgestimmtes Gleichgewicht der Natur ein. Dies kann zu einem Ungleichgewicht führen, welches sich zum Beispiel durch Krankheiten oder geringen Ertrag äußert. Ursprünglich konnten Lavendelfelder bis zu 15 Jahre lang gesund wachsen. Mittlerweile müssen sie jedoch bereits nach 7 bis 8 Jahren gerodet werden, wenn sie von Krankheiten befallen sind.

Es gibt eine unglaubliche Vielfalt an Pflanzen. Der Anbau jeder eigenen Kultur hat eigene Herausforderungen und benötigt die entsprechende Expertise. Biologischer und konventioneller Anbau haben beide ihre Stärken und Schwächen. Landwirte beider Seiten können gegenseitig voneinander lernen. Die wesentliche Facette sollte die Freude im Umgang mit den Pflanzen sein, egal welche Art des Anbaus gewählt wird. Auch konventionelle Produkte können gute Qualität haben. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass die Pflanzen- und Tierwelt im biologischen Anbau ganzheitlich betrachtet wird. Der Einfluss der Pflanzen untereinander, das Zusammenspiel mit den Insekten und die lebendigen und nährenden „Früchte“ sind ein Teil davon. Der Erhalt und Aufbau von Lebensräumen ist ein ebenso wichtiges Ziel, wie der Anbau und die Ernte der Pflanzen selbst. Denn nicht zuletzt ist alles, was uns Menschen täglich nährt, heilt und Kraft gibt, gewachsen durch die Natur.

Autorin: Lucia von Bonin

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