Die Pflanze und ihr hochkonzentrierter Duft

Die Pflanze und ihr hochkonzentrierter Duft

Über die richtige Anwendung ätherischer Öle

Ätherische Öle sind hoch konzentrierte Essenzen. Sie sind die Kraft der Pflanze in ihrer reinsten Form. Um ihre konzentrierten Wirkstoffe zu sammeln, können unterschiedliche Gewinnungsmethoden eingesetzt werden. Die häufigsten Verfahren sind Destillation, Extraktion und Pressung. Bei diesen Vorgängen werden die aromatischen Komponenten der Pflanzen 100 bis 1000-fach konzentriert. Destillateure besitzen ein umfassendes Wissen über die jeweiligen Pflanzen sowie die optimalen Bedingungen für die Herstellung ätherischer Öle. Jede Pflanze hat ihre eigenen Anforderungen an den Standort, die Ernte und Verarbeitung. Hinzu kommen jährlich bedingte Schwankungen der Temperatur und Feuchtigkeit, die viel Expertise und Wachsamkeit des Landwirts oder Produzenten fordern, um eine gute Qualität als Ergebnis zu erhalten.

Der Gehalt an ätherischen Ölen kann in den verschiedenen Pflanzenteilen, wie Wurzeln, Blättern, Blüten, Harzen und Holz, erheblich variieren:

  • Aus 100 kg Zimtrinde werden 4 kg ätherisches Öl gewonnen.
  • Aus 100 kg Zitronenmelisse erhält man etwa 0,05 kg ätherisches Öl.
  • Aus 100 kg Zitronen gewinnt man etwa 0,5 kg ätherisches Öl.
  • Aus 100 kg Rosenblüten werden etwa 0,025 kg ätherisches Öl gewonnen.

 Oder andersherum betrachtet – um 1 kg ätherisches Öl zu gewinnen, werden folgende Mengen an Pflanzenmaterial benötigt:

  • Zimtöl: 25 kg Zimtrinde
  • Zitronenmelissenöl: 2000 kg Zitronenmelisse
  • Zitronenöl: 200 kg Zitronen
  • Rosenöl: 4000 kg Rosenblüten

 

In der Zitronenmelisse ist das ätherische Öl so gering dosiert, dass eine Überdosierung kaum möglich ist. Nimmt man jedoch das hochkonzentrierte Öl, wird nur sehr wenig des Öls benötigt, um gleiche Effekte erzielen zu können. Studien[1] zeigen, dass dieses Öl anxiolytische, antidepressive, schlaffördernde und neuroprotektive Eigenschaften hat. Es verbessert die Stimmung, die kognitiven Leistung und die Gedächtnisfunktion. Die Pflanze hat wenig Gewicht mit geringem ätherischen Ölgehalt, weshalb zur Herstellung des ätherischen Öls große Mengen an Pflanzenmaterial benötigt werden. Darum hat dieses Öl seinen Preis. Ein ungewöhnlich niedriger Preis kann auf ein gepanschtes Öl hinweisen. Sehr hohe Preise sind ebenfalls keine Garantie dafür, dass der Landwirt fair entlohnt wird.

Die Zitrone enthält verhältnismäßig viel ätherisches Öl und gehört vom Ertrag zu den ergiebigeren Pflanzen. Diese Tatsache macht dieses Öl leichter erschwinglich. Dazu hat Zitronenöl einen frischen und aktivierenden Geruch, der Lebensfreude  versprüht und Kraft gibt. Vielleicht schenkt uns die Natur die Zitrusfrüchte, um Sonne und Wärme in unser Leben zu bringen. Limonene ist der Hauptbestandteil des Zitronenöls. In der Natur kommt Zitronenöl verhältnismäßig konzentriert in der Zitronenschale vor. Daher muss das ätherische Öl nicht so stark verdünnt werden wie andere ätherische Öle.

Zimt hingegen zählt zu den schärferen und intensiven ätherischen Ölen. Der Hauptbestandteil ist Zimtaldehyd und gilt als hautreizend, aber auch als durchblutungsfördernd und stimulierend. Zur Herstellung des Öls wird die Rinde verwendet. Dieses Pflanzenorgan steht für physischen Schutz. Zimtgewürz hat eine lange Tradition in Getränken und Speisen, zum Beispiel in Cola, Glühwein und Gebäck. Besonders in der Winterzeit wird es viel verwendet und für seine wärmenden Eigenschaften geschätzt.

Die Rose liefert uns eines der wertvollsten ätherischen Öle der Welt! Sie ist ein Klassiker in der Aromatherapie. 3000 bis 4000 kg werden benötigt, um 1 kg ätherisches Öl zu erhalten. Die Ernte ist aufwendig und die Blüten werden mit Hand von den dornigen Sträuchern gepflückt. Die Rose steht für emotionalen Schutz, natürliche Schönheit, Strahlkraft, Zentriertheit, Zartheit und vieles mehr. Eine wahre Wunderpflanze, und das schon seit ewigen Zeiten. Dieses ätherische Öl entfaltet sein Potential schon in sehr geringer Dosierung. Zu hoch dosiert kann sie fast überwältigend sein. Ihre häufigsten Bestandteile sind Geraniol und Citronellol. Diese werden von mehreren hundert weiteren Komponenten unterstützt, welche den Duft des Rosenöls so komplex und einzigartig machen.

Seltene Pflanzen und ihre ätherischen Öle werden nur gelegentlich verwendet, während weit verbreitete Pflanzen und ihre ätherischen Öle uns dauerhaft und regelmäßig begleiten können. Schafgarbe, Kamille, Zitronenmelisse, Rosmarin sind im mitteleuropäischen Raum häufig anzutreffen und spielen eine wichtige Rolle bei verschiedensten alltäglichen Anwendungen. Tiere wissen oft intuitiv, wann ein bestimmtes Kraut zur Unterstützung, etwa zur Förderung der Verdauung oder zur Reinigung, hilfreich sein kann.

Je mehr wir ein Gefühl für das ätherische Öl und die Pflanze dahinter entwickeln, desto besser können wir entscheiden, wann und in welcher Dosierung die Öle anzuwenden sind. Wie verdünnt kommt das Öl in der Natur vor? Was ist ein angemessener Preis? In vielen Fällen können Pflanzen direkt verwendet und angewendet werden. Aber nicht immer wachsen die Pflanzen dort, wo sie gebraucht werden. Einige Düfte können nur als ätherisches Öl eingefangen werden, insbesondere die von Blüten, die sich sonst schwer konservieren lassen. Daher bietet die konzentrierte Form der Pflanze als ätherisches Öl in einer Flasche eine praktische und alltagstaugliche Möglichkeit, mit der Natur verbunden zu bleiben. Mit diesem natürlichen Verständnis für die Öle wird die Anwendung immer einfacher und freudiger.

Autorin: Lucia von Bonin

[1] Ghazizadeh, J., Sadigh‐Eteghad, S., Marx, W., Fakhari, A., Hamedeyazdan, S., Torbati, M., … Mirghafourvand, M. (2021). The effects of lemon balm ( Melissa officinalis L.) on depression and anxiety in clinical trials: A systematic review and metaanalysis. Phytotherapy Research. doi:10.1002/ptr.7252 

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