Ein Markt, der im wesentlichen nach den Kriterien der Profit-Maximierung arbeitet, bringt automatisch hervor, was seine Kunden von ihm verlangen: Billigqualitäten oder schlechtestenfalls Fälschungen. Da die größeren Anbieter für ätherische Öle oft auch gleichzeitig Anbieter für synthetische Duftstoffe und Aromen sind, bleiben die Grenzen sehr fließend. Auch die Seltenheit vieler ätherischer Öle bzw. die zahlreichen Beschaffungsprobleme, Wartezeiten und Misserfolge bei Ernten, z. B. durch Dürre und Klimaschwankungen, machen ätherische Öle zu einem äußerst komplizierten Produkt.
Beispiele von beliebten und verbreiteten Verpanschungen
Echtes Niaouliöl ist z. B. nicht immer einfach auf dem Markt zu finden. Selbst größte Anbieter in Europa geben nach einigem Hinterfragen zu, dass sie nur mit Verschnitt bzw. nachgestellten Produkten (aus Eukalyptus) handeln. Ähnliches gilt für Cajeput, das selbst renommierte Firmen oft in reiner Form nicht führen.
Nicht weniger problematisch können Anis und Fenchel sein, die bei den meisten Anbietern nach Anisbonbon riechen. Der frische, etwas krautige Geruch des echten Öls, der auch weniger „auffällig“ ist, fehlt hier. Meist werden diese Öle mit künstlichem oder natürlichem Anethol gepanscht. Das ist billiger – doch ein Preis weit unter dem eines reinen Öls sollte einem zu denken geben. Es empfiehlt sich, diese Öle per Gaschromatogramm zu untersuchen. So kann man eine Verpanschung erkennen oder bekommt die Sicherheit, ein reines Öl zu erhalten.
Echtes Verbena-Öl, Vanille absolue und Benzoe ist sehr teuer. So kommt es häufig zu Verschnitten mit fetten Ölen, Alkohol, Mygliol und synthetischen Ölen (die billiger sind). Solche „Soßenzubereitung“, wie man spöttelnd bei Kennern in Frankreich sagt, kostet manchmal nur ein zehntel des originalen Preises.
Weitere häufig angewandte Verpanschungen
Verschnitt mit preiswerteren Ölen der gleichen Pflanze aus einem anderen Anbaugebiet:
z.B. Bourbon-Geranie mit ägyptischer Geranie, marokkanische Myrte mit Myrte vom Balkan, sibirische Fichte mit chinesischer Fichte usw..
Verschnitt mit (preiswerteren) ätherischen Ölen derselben Pflanze, aber eines anderen Pflanzenteils. Beispiel:
Nelken- mit Nelkenblätteröl, Zimtrinden- mit Zimtblätteröl, Neroli- mit Petitgrainöl, Angelikawurzel- mit Angelikablätteröl usw..
Verschnitt mit preiswerteren ätherischen Ölen aus Pflanzen derselben Familie oder desselben Namens. Beispiel:
Sandelholz ostindisch mit „Sandelholz westindisch“ (Amyris, das im Übrigen gar kein echtes Sandelholz ist), Thymian- mit Feld-Thymianöl, Lavendel- mit Lavandinöl, Ceylon-Zimt mit Cassia-Zimt usw..
Verschnitt mit preiswerteren Ölen anderer Pflanzen. Beispiel:
Lemongrassöl mit Litsea, Patchouliöl mit Gurjum-Balsam, Rosmarinöl mit Eukalyptus, Verbenaöl mit Lemongrass und Citral (ex Litsea), Weihrauchöl mit Terpentin, Rosenholzöl mit Shiu, Melissenöl mit „indischer Melisse“ (Lemongrass), Muskateller-Salbeiöl mit Lavendel, Mandarinenöl mit Orange, sog. „weißer“ Thymian mit Terpentin usw..
Verschnitt mit isolierten natürlichen bzw. synthetischen Duftstoffen. Beispiel:
Zitronenöl mit Citral und Orangenterpenen, Pfefferminzöl mit Menthol, Eukalyptusöl mit Cineol, Geranienöl mit Geraniol und Citronellol, Patcholiöl mit Nelkenterpenen, Rosmarinöl mit Kampfer, Thymianöl mit Thymol oder Carvacrol, Spearmintöl mit Carvon, Kardamonöl mit Terpenyl-Azetat, Elemiöl mit desodorisierten Orangen-Terpenen, Muskateller-Salbeiöl mit Lynalyl-Azetat oder synthetischem Linalol, Nelkenöl mit Eugenol, Bergamottöl mit synth. Linalol, Zitronen-Terpenen und Lynalyl-Azetat.